Ergebnisse der Expertenumfrage Interne Revision

Im Mai und Juni dieses Jahres haben 204 Revisionsexperten aus DACH an der Fachumfrage des
Audit Research Center | ARC Institute teilgenommen.

Kern der Expertenumfrage waren zwei übergreifende Fragestellungen:

A) Audit Innovation
Was bedeutet Audit Innovation?; In welchen Bereichen der Internen Revision fehlt es an Innovation? sowie Welchen Nutzen sollte eine Innovation im Bereich der Internen Revision stiften?

B) Eine prozessorientierte Stärken- & Schwächenanalyse aus Branchen- und Unternehmenssichtweise
In welchen Revisions-Themenbereichen gibt es in welchem Maße Verbesserungsbedarf, um den gegebenen Marktbedingungen und der Dynamik bzw. den Herausforderungen der Internen Revision Rechnung zu tragen?

Die ersten Auswertungen und Ergebnisse möchten wir Ihnen hierzu auf der Webseite vorstellen:

Im Rahmen der Befragung, in welchem Maße Verbesserungsbedarf in unterschiedlichen Themenbereichen der Internen Revision aus Sicht der teilnehmenden Revisoren in der Branche selbst besteht, sehen Sie in der nebenstehenden Graphik mit den Durchschnittswerten. Dabei gaben die Revisoren Ihre Einschätzung auf einer Skala von 1-10 ein. Eine 10 entspricht einem sehr hohen Verbesserungsbedarf. Eine 1 entspricht einem sehr niedrigen Verbesserungsbedarf.

Die erste interessante Feststellung ist, dass über alle zehn Themenbereiche hinweg jeweils weniger als 5 Prozent der Gesamtpopulation eine Bewertung zwischen 1-3 vorgenommen haben. Damit sehen 95 Prozent der teilnehmenden Revisoren generell in allen zehn Themenbereichen Verbesserungsbedarf in einem Maße von mindestens der Bewertungsstufe 4 oder mehr.

Die vier auffälligen Themenbereiche, die das meiste Verbesserungspotential aufweisen, d.h. in denen die Internen Revisionen sich laut Bewertung und verbalen Aussagen der Revisionsexperten am meisten weiterentwickeln müssen sind:

B) Zusammenspiel Aufsichtsrat und Revisionsleitung
G) IT Datenanalyse
H) IT Workflow-Programme
J) Prüfungsinterviewtechniken / Kommunikationsmethoden

B) Zusammenspiel Aufsichtsrat und Revisionsleitung

Im deutschsprachigen Two-Tier Governance System berichtet die Interne Revision traditionell an den Vorstand. Jedoch im internationalen Umfeld oder auch beispielsweise in der Schweiz besitzt die Interne Revision eine direkte Berichtslinie an den Aufsichts- oder Verwaltungsrat. Ein erweiterter Prüfungsausschuss in Form des Audit Committee bekommt, nicht zuletzt im Finanzdienstleistungssektor, durch unterschiedliche regulatorische Erfordernisse eine größere Bedeutung im gesamtheitlichen Governance System eines Unternehmens.

Insbesondere auch da der Aufsichts- oder Verwaltungsrat aufgrund zum Teil mangelnder ausgeübter Aufsicht und Fachkompetenz oftmals im Nachgang zur Finanzkrise in die Kritik geraten war, Stichwort Qualifikation als Financial Expert. Auf Basis dieser Entwicklungen sieht eine große Anzahl an Revisoren erhebliches Verbesserungspotential im Austausch zum Aufsichtsrat.

Hierbei werden von den befragten Revisionsexperten unterschiedliche Aspekte genannt, wie z.B. die Verbesserung der Kommunikationsformate gegenüber dem AR bzw. VR, die Institutionalisierung und Schaffen von freien Kommunikationsformaten sowie Zeiträumen zwischen AR und der Internen Revision. Hierzu ein beispielhaftes Zitat aus der Fachumfrage: „Ich sehe vor allem Verbesserungen im Bereich Zusammenspiel mit dem Aufsichtsrat und den genutzten Kommunikationsmethoden gegenüber dem Prüfungsausschuss. Durch die aktuellen gesetzlichen Entwicklungen ist der Austausch mit dem Aufsichtsrat enger und das Verständnis bei dem Aufsichtsrat für die Revisionstätigkeit deutlich erhöht. (…) Dabei wächst auch das Bedürfnis nach mehr Dialog und strukturierter zeitnaher Information.“

Als erstes Zwischenfazit ist ersichtlich, dass die Kommunikationswege, die Informationsfrequenz sowie über die nachgefragten Inhalte ein erweiterter Dialog zwischen Aufsichts- bzw. Verwaltungsrat und Interner Revision stattfinden sollte, um jeweils unternehmensindividuell zu eruieren, welche Bedarfssituation beim Informationsempfänger besteht.

G) IT Datenanalyse

Im Wege der Digitalisierungsstrategien sowie dem Angebot an Massendaten, oftmals mit dem Buzz Word Big Data versehen, haben die Internen Revisionen heute mehr denn je eine verbesserte Ausgangsposition Datenhaushalte auszuwerten. Dabei geht es zwischenzeitlich nicht nur um gerichtete Datenanalysen, sondern weitaus spannender um nicht gerichtete Datenanalysen, sogenannte explorative Analyseverfahren mit dem Ziel Anomalien bzw. besondere Muster in den Daten zu erkennen.

Die beiden Kern-Herausforderungen heutzutage liegen darin einfache Datenanalysen und die Interpretation der Ergebnisse auf eine breitere Teambasis, mehr Revisionsmitarbeiter, zu stellen. Hierzu schreibt ein Revisor in der Fachumfrage: „IT Datenanalysen werden bisher lediglich von einzelnen Prüfern mit IT-Affinität genutzt. Eine breitere Anwendung ist jedoch dringend erforderlich.“

Dies kann nur erreicht werden durch eine kontinuierliche Nutzung der Werkzeuge sowie geeignete Fortbildungsmaßnahmen.

Die zweite Herausforderung liegt darin, je nach Größe der Revision, geeignete Spezialisierungsteams aufzubauen. Hierbei wurden diese Spezialisten in der Vergangenheit oftmals jedoch adhoc oder bereits mit sehr spezifischen Fragestellungen angefragt. Durch die Kurzfristigkeit der Anfrage hat einerseits die Analysequalität gelitten und zugleich konnten oftmals bezogen auf die Beschaffenheit der Daten nicht die geeigneten Verfahren angewendet werden. Die Aufgabenstellung dieser Datenanalyse Teams heute ist es als Revisions-prozessintegrierte Einheit zu agieren. Dabei sollten vorausschauend an festgelegten Prozess-Meilensteinen bei möglichst vielen Prüfungen, Datenanalysen auf Halte vorbereitet sein, so dass eine skalierungsfähige Produktion innerhalb der Datenanalyse Teams geschaffen werden kann. Nur so kann die Effizienz dieser Teams gesteigert und die inhaltliche Qualität der Analysen verbessert werden. Aufbauend auf diesen bereits erstellten Datenanalyse Formaten können dann von den jeweiligen (fachlichen) Prüfungsteams erweiterte Fragestellungen selbst bearbeitet werden oder dann an das Datenanalyse Team on-demand nochmals zurückgespielt werden.

Die Praxiszitate zeigen dabei die Missstände plakativ: „IT-Datenanalyse ist in Bezug zum Ausmaß der IT-Anwendung und -Nutzung im Konzern vollkommen unterentwickelt.“ Ein anderer Revisor ergänzt erheblicher Verbesserungsbedarf besteht bei der „Implementierung von State-of-the-Art Prüfungsmethoden, die im Einklang mit zuletzt eingeführten modernen ERP Systemen stehen und die produktive Nutzung der daraus resultierenden größeren Datenmengen.“

Zwischenfazit – Die Potentiale durch verbesserte technische Anwendungswerkzeuge sowie auch eine digitalisierte Prozessarchitektur und deren Datenhaushalte stehen zur Verfügung. Dabei gilt es innerhalb der Internen Revision skalierungsfähige Datenanalyse Teams aufzubauen sowie das Methodenwissen generell in den Revisionsteams breiter zu streuen.

H) IT Workflow-Programme

Der Markt für Audit Management Software gleicht oftmals einem Oligopol im deutschsprachigen Bereich. Da die Internen Revisionen im Vergleich zu anderen Branchen in ihrer Masse der Käufer und Anwender eher eine Nische sind, kommt es im Allgemeinen nicht dazu, dass große IT-Anbieter sich in unsere Spezialbranche verirren. Hingegen bieten große IT-Unternehmen wie SAP oder auch IBM u.a. vielmehr GRC Anwendungen an, bei denen die Interne Revision eine risikoorientierte Stabsabteilung von vielen ist.

Neben der kurzen generellen Aufarbeitung der Ursache-Wirkungskette werden von Revisoren oftmals eine nicht adäquate prozessbegleitende IT-Audit Software sowie die mangelhafte (mathematische) Risikobewertungssystematik hervorgehoben, wie z.B. „Den meisten Anwendungen im Revisionsmarkt fehlt jegliches IT-Alignment zu den echten Revisionsprozessen. Daneben sehen die Benutzeroberflächen der IT-Audit Systeme oftmals aus wie Software aus einem anderen Jahrzehnt.“

In diesem Zusammenhang äußert ein weiterer Revisor, wir benötigen „Sinnvolle und leicht bedienbare IT-Unterstützung, angefangen bei der Prüfungsdurchführung bis hin zur automatisierten Berichtsdarstellung in Cockpit Form.“

Zwischenfazit – Die Revisoren sehen erheblichen Verbesserungsbedarf an geeigneten prozessbegleitenden Audit Management Software Anwendungen, die ihre Arbeit effizienter gestalten, indem weniger werthaltige Arbeitsteilprozesse noch stärker automatisiert werden können.

J) Prüfungsinterviewtechniken / Kommunikationsmethoden

Der Dialog zwischen Geprüften und Revision stellt traditionell eine der wichtigsten Informationsquellen der internen Prüfung dar. Letztlich verbirgt sich hinter jedem PC ein Mensch. Diese Menschen inhaltlich jedoch auch in möglichen Veränderungsprozessen emotional zu gewinnen, Revisionsfeststellungen oder weitreichende Prozessverbesserungen umzusetzen, ist eine der Kernqualifikationen, die ein Revisor mitbringen muss. Dabei schreibt beispielhaft ein Revisor: „Unsere handwerklichen Revisionsmethoden haben wir einigermaßen im Griff, aber wir schaffen es oftmals nicht die Geprüften für unsere Sache der Verbesserungen in den Prozessen oder dem IKS zu gewinnen. Dabei besteht sicherlich noch großes Verbesserungspotential grundsätzlich in den Themen Kommunikation untereinander im Team und mit den Stakeholdern selbst, die unsere Empfehlungen umsetzen sollen.“

Einfache Erklärungen wie: der Geprüfte schwitzt, der hat doch Angst, irgendetwas stimmt da nicht oder die Gestik passt irgendwie nicht zu den Inhalten, sind in den meisten Fällen einfach zu kurz gesprungen. Die Erkenntnisse der Gehirnforschung sind hierbei in der letzten Dekade weit fortgeschritten. Wir wissen zwischenzeitlich viel mehr über den Dialog und die Verhaltensreaktionen der Menschen als in der Vergangenheit. Die Technik zur Messung von Gehirnaktivitäten (u.a. EEG Verfahren) sowie die Erkenntnisse der modernen Anatomie über den Aufbau, die Infrastruktur unseres menschlichen Gehirns ist weit fortgeschritten. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse daraus sind bahnbrechend und geben auch der Internen Revision zahlreiche Lösungskonzepte an die Hand. Hierbei tragen nicht zuletzt auch die Ergebnisse der Nobelpreisträger Prof. James Rothman (Yale University), Prof. Randy Schekman (Berkeley University) und Prof. Thomas Südhof (Stanford University) bei. Mehr Information hierzu.

In den vergangenen Jahren hat das Audit Research Center | ARC Institute hierzu auch mit Revisionsbranchenkennern, Ärzten aus der Neurologie und Psychologie zusammengearbeitet, um Lösungskonzepte zu erarbeiten. Die Erkenntnisse sind zum Teil frappierend. Lassen jedoch unsere typischen Revisionshandlungsmuster schnell verständlich erscheinen. Auszugsweise kann hierbei gesagt werden, der Revisor gilt psychologisch als „negativ besetztes Objekt“. Diese Erkenntnis erfordert ein spezielles Vorgehen um den Gesprächspartner gegenüber wieder in eine rationale Gesprächsbalance zu bekommen. Mehr dazu an anderer Stelle.

Weitere Praxiszitate aus der Fachumfrage beschreiben den aktuellen Zustand wie folgt: „Die Transparenz der Kommunikation auf Managementebene zwischen Revision und dem Business und daraus ggf. abzuleitende Prüfungsansätze könnte verbessert werden.“ Dabei bleibt auch nicht verborgen, dass der Revisionsdialog insbesondere davon lebt wie gut ein Revisor in der Lage ist die großen Unternehmenskontexte mit den operativen Umsetzung zu verbinden und dabei kontinuierlich den Überblick zu behalten, z.B. „Die IR sollte der Risikoentwicklung der heutigen Geschäftsmodelle folgen können und ihre Ergebnisse in diesem Kontext gut erklären können. Dabei ist es nicht ausreichend dem Auftraggeber also dem Vorstand allein zu berichten, sondern allen am geprüften Prozess Beteiligten die Sichtweise und das Verständnis der IR zu vermitteln.“

Zwischenfazit – Der Austausch zwischen Prüfer und Geprüften ist der wichtigste Transformationsmotor für unsere Revisionsarbeit. Nur durch eine verständliche Kommunikation und durch ein Verstehen unserer Wirkung auf Menschen sind wir in der Lage den Revisionserfolg maßgeblich zu steigern. Um dies zu erreichen, ist es notwendig neue Erkenntnisse der Gehirnforschung zu nutzen und in die tägliche Revisionsarbeit einfließen zu lassen.

Ihr
Audit Research Center Team

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